Volker Ullrich: Acht Tage im Mai

"Der geglückte Versuch, als Chronik ein Stimmungsbild zu erzeugen.“
ZEIT Bestenliste Juni 2020 Platz 1

Die letzte Woche des Dritten Reiches hat begonnen. Hitler ist tot, aber der Krieg noch nicht zu Ende. Alles scheint zum Stillstand zu kommen, und doch ist alles in atemloser Bewegung. Volker Ullrich schildert Tag für Tag diese «zeitlose Zeit» und entführt den Leser in eine zusammenbrechende Welt voller Dramatik und Hoffnung, Gewalt und Angst. Sein Buch ist eine unvergessliche Zeitreise in den Untergang.
Während die Regierung Dönitz nach Flensburg ausweicht, rücken die alliierten Streitkräfte unaufhaltsam weiter vor. Berlin kapituliert, in Italien die Heeresgruppe C. Raketenforscher Wernher von Braun wird festgenommen. Es kommt zu einer Selbstmordepidemie und zu Massenvergewaltigungen. Letzte Todesmärsche, wilde Vertreibungen, abtauchende Nazi-Bonzen, befreite Konzentrationslager - all das gehört zu jener «Lücke zwischen dem Nichtmehr und dem Nochnicht», die Erich Kästner am 7. Mai 1945 in seinem Tagebuch vermerkt. Volker Ullrich, der große Journalist und Hitler-Biograph, hat aus historischen Miniaturen und Mosaiksteinen ein Panorama dieser «Acht Tage im Mai» zusammengefügt, das sich fesselnder liest als mancher Thriller.

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Volker Ullrich schenkt uns eine brillante, rasant geschriebene Nacherzählung der turbulenten, unwirklichen letzten acht Tage des Dritten Reiches.
Helmut Walser-Smith

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Prolog, 30. April 1945
Hitlers Ende im Bunker – Sturm auf den Reichstag – Besetzung Münchens – Die «Freiheitsaktion Bayern» – Befreiung des Konzentrationslagers Dachau – Ernennung von Großadmiral Dönitz zu Hitlers Nachfolger

1. Mai 1945
Das Scheitern des Versuchs einer Separatverständigung mit Stalin – Programm und erste Maßnahmen der Regierung Dönitz – Bekanntgabe von Hitlers Tod – Selbstmord der Familie Goebbels – Ausbruch aus der
Reichskanzlei – Selbstmordepidemie: Der Fall Demmin – «Gruppe Ulbricht» in Berlin – Willy Brandt und Astrid Lindgren in Stockholm

2. Mai 1945
Reaktionen auf Hitlers Tod – Kapitulation Berlins – Plünderungen – Die Tätigkeit der «Gruppe Ulbricht» – Suche nach Hitlers Leichnam – Sowjetisches Verwirrspiel um Hitlers Tod – Teilkapitulation der Heeresgruppe
C in Italien – Die militärische Lage Deutschlands – Verlegung des Hauptquartiers der Regierung Dönitz nach Flensburg – Festnahme der Raketenforscher um Wernher von Braun – Victor Klemperer in Unterbernbach: Erste Begegnung mit den Amerikanern

3. Mai 1945
Generalaussprache in Flensburg mit den Befehlshabern der besetzten Gebiete – Kampfl ose Übergabe Hamburgs – Tragödie in der Lübecker Bucht: Der Untergang der «Cap Arcona» – Das Tagebuch der «Anonyma»: Massenvergewaltigungen in Berlin – Verhandlungen mit Feldmarschall Montgomery über eine Teilkapitulation in Nordwestdeutschland

4. Mai 1945
Unterzeichnung der Teilkapitulation in Nordwestdeutschland, Dänemark und den Niederlanden – Weitere Teilkapitulationen von Heeresgruppen und Armeen – Die Besetzung des Obersalzbergs – Auf Hitlers Berghof: Lee Miller und Klaus Mann – Ernennung Adenauers zum Oberbürgermeister von Köln – Alltag in den Trümmern – Helmut Schmidt in Kriegsgefangenschaft – Die «Rheinwiesenlager» – Verhaftung Hans Franks – Die Befreiung der «Sonderhäftlinge» von Dachau

5. Mai 1945
Die Bildung der «Geschäftsführenden Reichsregierung» – Aufstand in Prag – Beginn der «wilden Vertreibungen» – Aufruf Eisenhowers an die «Displaced Persons» (DPs) – Das Schicksal der Zwangsarbeiter – Repatriierung der DPs – Die jüdischen DPs – Befreiung des KZ Mauthausen: Simon Wiesenthal

6. Mai 1945
Die Verhandlungen von Friedeburgs und Jodls in Reims – Entlassung Heinrich Himmlers – Der Todesmarsch von Helmbrechts – Todesmärsche am Ende des «Dritten Reiches» – Die Kapitulation der Festung Breslau – Vertreibung der Deutschen aus Breslau – Die Wiedergründung der SPD in Hannover: Kurt Schumacher – Einrücken polnischer Panzertruppen in Jever

7. Mai 1945
Unterzeichnung der bedingungslosen Kapitulation in Reims – Marlene Dietrich in Bergen-Belsen – Die ungleichen Schwestern Dietrich – Das letzte Massaker in Amsterdam – Deutsche Besatzungsherrschaft in den Niederlanden – Das Schicksal der Familie Frank

8. Mai 1945
Die Wiederholung der bedingungslosen Kapitulation in Berlin-Karlshorst – Rücktritt der Regierung Dönitz? – Einstellung des letzten deutschen Widerstands – Die Geburtsstunde der Legende von der «sauberen Wehrmacht» – Sicherung der Raubkunstbestände im Salzbergwerk Altaussee – Der Selbstmord Josef Terbovens in Oslo – Das Ende der deutschen Besatzungsherrschaft in Norwegen – Siegesfeiern: Der «Victory Day» in Europa

Epilog
8. Mai 1945: Zusammenbruch oder Befreiung? – Die Agonie der Regierung Dönitz – Interrogation-Camp Bad Mondorf – Abwehr und Verdrängung der NS-Zeit – Ein Ende und ein Anfang

Anhang
Anmerkungen
Bibliographie
Dank
Bildnachweis
Personenregister

"Acht Tage im Mai" ist ein faktenreiches, akribisch recherchiertes und zugleich faszinierendes Buch. Jeder Tag fesselt und wühlt den Leser auf. Es liefert fabelhaften Geschichtsunterricht in Corona-Zeiten.
Christina Brinck, Tagesspiegel

Leseprobe

Prolog, 30. April 1945

  In den frühen Stunden des 30. April 1945 traf im Tiefbunker unter der Alten Reichskanzlei eine niederschmetternde Nachricht ein. Wilhelm Keitel, der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW), meldete, dass der Vormarsch der 12. Armee unter General Walter Wenck auf Berlin am Schwielow-See südwestlich von Potsdam zum Stehen gekommen war. Damit war auch die letzte Hoff nung geschwunden, die seit dem 25. April von sowjetischen Truppen eingeschlossene Reichshauptstadt zu entsetzen. Erst jetzt entschloss sich Adolf Hitler, das wahrzumachen, womit er im Laufe seiner unheilvollen Karriere immer wieder gedroht hatte: seinem Leben ein Ende zu setzen.
  Noch in der Nacht begann er, sich von einem Teil seiner Mitarbeiter zu verabschieden, darunter auch vom medizinischen Personal des Behelfslazaretts unter der Neuen Reichskanzlei. Er habe das «Gefühl einer fast unerträglichen Ernüchterung» empfunden, berichtet der Arzt Ernst Günther Schenck, der Hitler zum ersten Mal aus der Nähe beobachten konnte. Denn der Mann, der vor ihm stand, habe nicht mehr entfernt dem energiegeladenen «Führer» früherer Tage geähnelt: «Wohl trug er einen grauen Rock mit dem goldgestickten Hoheitszeichen und dem Eisernen Kreuz an der linken Brustseite, auch die lange schwarze Hose; aber der Mensch, der in diesem Tuch steckte, war unvorstellbar tief in sich selbst zurückgefallen. Ich sah hinab auf einen gekrümmten Rücken mit sich abhebenden Schulterblättern, aus dem er den Kopf fast gequält hob.» Hitler gab allen die Hand und bedankte sich für die ihm erwiesenen Dienste. Er wolle sich das Leben nehmen, erklärte er, und entbinde sie von ihrem Eid. Sie sollten versuchen, sich nach Westen, zu den britischen und amerikanischen Verbänden durchzuschlagen, um nicht in russische Gefangenschaft zu geraten.
  Bereits um 5.00 Uhr lag die Reichskanzlei wieder unter Dauerbeschuss der russischen Artillerie. Eine Stunde später rief Hitler Wilhelm Mohnke, den Kommandanten der «Zitadelle», des letzten Verteidigungsrings um das Regierungsviertel, zu sich in den Tiefbunker und erkundigte sich, wie lange die Reichskanzlei noch gehalten werden könne. Allenfalls noch ein bis zwei Tage, lautete die Antwort des SS-Brigadeführers. Inzwischen hatten die Russen den größten Teil des Tiergartens erobert und kämpften bereits am Potsdamer Platz, nur 400 Meter von der Reichskanzlei entfernt. Eile war also geboten. weiterlesen

Angesichts des Themas mag es etwas seltsam klingen, aber Ullrich hat ein fesselndes Lesebuch geschrieben, das den Nachgeborenen 75 Jahre später schonungslos davon erzählt, wohin politischer Wahn und moralischer Verfall,Gewalt und Krieg führen.
Wilhelm von Sternburg, Frankfurter Rundschau