Sie wurde im 20. Jahrhundert in Bournemouth an der Südküste Englands geboren. Als Sarah Bakewell fünf Jahre alt war, nahmen ihre Eltern sie mit auf eine Weltreise, die sie überwiegend in einem VW-Bus erlebte. Nach zwei Jahren ging der Bulli für einige Jahre an der australischen Küste in der Nähe von Sydney vor Anker, bis die Familie schließlich als Backpacker über den Pazifik und Amerika nach England zurückkehrte. Dort besuchte Sarah Bakewell diverse Schulen, die sie nach Lektüre von Sartres „Ekel“ zunehmend schwänzte, und beschloss, Philosophie zu studieren. Heute lebt Sarah Bakewell als Schriftstellerin in London, wo sie außerdem Creative Writing an der City University lehrt und für den National Trust seltene Bücher katalogisiert. Das Geheimnis ihres Erfolgs hat der amerikanische Ideenhistoriker Mark Lilla in der „New York Review of Books“ treffend auf den Punkt gebracht: „Eine Autorin, deren Liebe zu ihrem Gegenstand ansteckend ist.“

1. Was haben Sie im Studium fürs Leben gelernt?
Mich nicht allzu ernst zu nehmen und keine zu hohe Meinung von mir selbst zu haben.


2. Womit haben Sie Ihr erstes Geld verdient?
Mit sechzehn hatte ich einen Job in einem kleinen Laden, wo ich Reggae-Platten, Vintage-Klamotten und andere Dinge verkaufte. Es war ein informeller Treffpunkt für die lokale karibische Community, und ich hatte großen Spaß. Dann übernahm ich kurzzeitig einen Bürojob. Man setzte mich mit einem Stift und einem Stapel karierter Blätter an einen Schreibtisch. Meine Aufgabe war es, in die linke Spalte Zahlen einzutragen, beginnend mit der 1, weiter mit 2, 3, 4 und so weiter, Seite für Seite. Niemand sagte mir, warum. Ich kam bis etwa 10 000, bevor ich beschloss aufzuhören. Aber vorher ließ ich mir mein Geld auszahlen.


3. Was ertragen Sie nur mit Humor?
Menschen, die sich arrogant verhalten, besonders in der Politik.


4. Ein großes „Beinahe“ in Ihrem Leben?
Ich wäre beinahe Philosophin geworden, mit einer geregelten Universitätslaufbahn, aber dann schmiss ich meine Doktorarbeit hin, um mein Glück als Belletristik-Autorin zu versuchen. Ich habe zwar nie gute Literatur geschrieben, aber die Entscheidung hat mein Leben auf unerwartete Weise verändert – und ich bin froh darüber.


5. Welcher Künstler oder welche Künstlerin beeindruckt Sie?
Vor kurzem habe ich eine Ausstellung mit Arbeiten von Alice Neel gesehen, einer amerikanischen Künstlerin des 20. Jahrhunderts, die hauptsächlich Porträts gemalt hat. Sie bezeichnete sich als eine „anarchische Humanistin“, und genau das war sie: unduldsam gegenüber Regeln und althergebrachten Vorstellungen; und sie stellte immer den Menschen in den Mittelpunkt. Mir gefällt sowohl ihre Kunst als auch ihre ganze Einstellung zum Leben.


6. Welche Eigenschaften schätzen Sie an einem Menschen am meisten?
Liebenswürdigkeit, Freundlichkeit, Sinn für Humor.


7. Ihr liebstes Smalltalk-Thema?
Ich bin immer neugierig, was die Leute gerade lesen, und manchmal frage ich sie danach.


8. Welche Zeitungen, Magazine und Blogs lesen Sie?
Kommt darauf an, wo ich gerade bin. Ich mag naturwissenschaftliche Zeitschriften wie den New Scientist, Scientific American und BBC Science Focus. Ich lese sie mit allen Gehirnzellen, die ich mobilisieren kann, um zu versuchen, wenigstens ansatzweise zu verstehen, wie die physikalische Welt funktioniert. Mich interessiert auch, was technologisch auf uns zukommt – es gibt so viele wirklich schöne, lebensverbessernde Durchbrüche, aber auch alarmierende Entwicklungen, über die alle reden.


9. Ihre Lieblingsbuchhandlung?
In den letzten sechs Monaten habe ich ein paar Antiquariate entdeckt, die ich noch nicht kannte: in Edinburgh „Edinburgh Books“, in London „Keith Fawkes“ und im australischen Adelaide „New Morning Books“. Ich habe zwar keine Lieblingsbuchhandlung, aber ich freue mich immer, eine neue zu entdecken, vor allem, wenn sie schon seit Jahren existiert und mir bisher entgangen ist.


10. Ihr Lieblingsmuseum?
Ich bin in Sydney aufgewachsen, und der Besuch des Australian Museum mit seinen wunderbaren naturgeschichtlichen Sammlungen war für mich immer ein Erlebnis. Für die nerdigen Kids gab es Listen mit Fragen, mit denen man durchs Museum streifen konnte, um die Antworten zu finden. Vor ein paar Jahren war ich wieder dort, zum ersten Mal seit meiner Kindheit, und es hat mir immer noch gefallen. Ich habe mich nicht getraut, nach den Fragelisten zu fragen, aber scheinbar gibt es sie immer noch. Jetzt wünsche ich mir, ich hätte doch gefragt!


11. Welchen Satz haben Sie sich zuletzt aus einem Buch notiert?
„Warum sollte ich keine Zahnpasta essen? Es ist eine freie Welt. Warum soll ich nicht meine Zehennägel kauen? Ich bin zufällig in Honig getreten. Warum sollte ich nicht mit eleganten Seitwärtssprüngen durch den Central Park tänzeln?“ – So der Philosoph Derek Parfit, der das Recht verteidigt, exzentrisch zu sein. Das Zitat findet sich in David Edmondsʼ großartiger Biographie Parfit.


12. Welches Buch würde niemand in Ihrer Bibliothek erwarten?
Mir fällt kein bestimmtes Buch ein, aber manche Leute sind überrascht, dass ich eine ziemlich gute Sammlung alter Science-Fiction-Taschenbücher habe. Ich habe einmal ein Jahr lang fast nichts anderes gelesen – es ist eines jener Genres, die man entweder meidet oder für die man eine Obsession entwickelt.

 

13. Ein Buch, das Ihr Leben verändert hat?
Zweifellos die Essais von Montaigne, die ich vor vielen Jahren vor einer Zugfahrt zufällig in die Hand nahm. Das hat mein Leben verändert: in praktischer Hinsicht, denn ich habe dann ein Buch über ihn geschrieben, das einigen Erfolg hatte; aber auch in einem tieferen Sinn, denn ich habe viel von ihm gelernt und war immer begeistert von seiner Art, die Dinge zu betrachten.


14. Was wollten Sie als Kind werden?
Zoologin. Dann habe ich Doris Lessings Roman Das goldene Notizbuch gelesen und beschlossen, dass ich Schriftstellerin werden wollte, denn die Protagonistin des Romans hat mehrere verschiedenfarbige Notizbücher, in die sie verschiedene Dinge schreibt, und das fand ich eine ausgezeichnete Idee.


15. Ihr Lieblingsregisseur?
Mir gefallen die Filme des amerikanischen Dokumentarfilm-Regisseurs Frederick Wiseman. Es gibt keinen Filmemacher, der einfühlsamer, achtsamer und humanistischer ist. Ich könnte noch mehr über ihn sagen, aber ich empfehle jedem, sich ein paar seiner Filme anzusehen.


16. Das beste Buch, das Sie im letzten Jahr gelesen haben?
Bob Stanleys Let's Do It: The Birth of Pop über die Anfänge der Popmusik hat mir wirklich gut gefallen. Es ist unglaublich, was er über die Auftritte der Musiker und über die Schallplattenaufnahmen alles weiß und wie aufschlussreich er über die Beziehungen zwischen den verschiedenen Stilen und Epochen der Musikgeschichte schreibt. Ich habe gerade ein anderes Buch desselben Autors angefangen, das zuvor veröffentlicht wurde, aber von einer späteren Zeit handelt: Yeah Yeah Yeah.


17. Ihr Rat für Leser?
Man sollte keine Zeit damit verschwenden, ein Buch zu Ende zu lesen, wenn es einem keinen Spaß macht! Ich bin immer wieder erstaunt über Leute, die sich durch einen dicken Roman quälen, nur weil sie das Pech hatten, ihn anzufangen, und sich dann irgendwie verpflichtet fühlen, ihn zu Ende zu lesen, obwohl jede Zeile sie nervt. Das Leben ist zu kurz, und es gibt genug andere Bücher, die man stattdessen lesen kann! Trotzdem tun das so viele Leute, dass ich vermute, es bereitet ihnen Freude – und wer bin ich, ihnen das abzusprechen?