György Dalos gehört zu den besten Kennen der ost- und mittelosteuropäischen Geschichte unserer Tage. Seine Werke von der Zeit der Russlanddeutschen seit dem 18. Jahrhundert über den Zusammenbruch der Sowjetunion bis zu seinen Erinnerungen an die eigene Genesis vom glühenden Kommunisten zum Dissidenten sind Klassiker geworden. Für sein Wirken als kritischer Historiker und Publizist wurde er 2010 mit  dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung und 2015 mit dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse ausgezeichnet. Dalos ist nicht zuletzt ein klarsichtiger und unbestechlicher Zeitgenosse, wenn es um die Entwicklung seines Heimatlandes Ungarn geht, die er in mehreren Büchern beleuchtet. In seinem jüngsten Werk „Das System Orbán“ entlarvt er den von Ministerpräsident Orbán und den inneren Machtzirkeln der Fidesz-Partei skrupellos betriebenen autoritären Umbau von Staat und Gesellschaft Ungarns.

1. Was haben Sie im Studium fürs Leben gelernt?
Neue Geschichte, Schwerpunkt Deutschland an der Moskauer Lomonossow-Universität. Ich habe vor allem Neugierde auf Deutschland gelernt.


2. Womit haben Sie Ihr erstes Geld verdient?
Mit der ersten Veröffentlichung eines Gedicht in einer ungarischen Jugendzeitschrift, August 1960.


3. Wie sieht ein gelungener Tag in Ihrem Leben aus?
Frühes Aufstehen, Arbeit am eigenen Text, Mittagsmahl, Siesta, Arbeit, Spaziergang in Berlin Mitte, Arbeit. Abends Kino oder Streaming-Filme, Theatervorstellungen (hauptsächlich Ungarisch).


4. Was nehmen Sie sich immer wieder vor?
Mehr Bewegung.


5. Was ertragen Sie nur mit Humor?
Ohne Humor (als Produzent und Konsument) könnte ich nichts im Leben ertragen.


6. Ein großes „Beinahe“ in Ihrem Leben?
In meiner Jugend bin ich beinahe zum Staatskünstler („sozialistischer Realismus“) geworden – zum Glück gelang es mir nicht.


7. Der beste Ort der Welt?
1. Budapest, 6. Bezirk, 2. Melilla, spanische Exklave in Nordafrika.


8. Welche Künstler:innen beeindrucken Sie?
Vor allem Schauspieler und Schauspielerinnen, Theatervorstellungen in Budapest.


9. Welche Eigenschaften schätzen Sie an einem Menschen am meisten?
Güte und Humor.


10. Ihr liebstes Smalltalk-Thema?
Alltag in dem „realen Sozialismus“.


11. Welcher Illusion geben Sie sich gerne hin?
Dass man trotz Alters etwas von der Jugend bewahren kann.


12. Welche Zeitungen, Magazine und Blogs lesen Sie?
Alte Zeitungen (19. und 20. Jahrhundert), Deutsch (Presse der Weimarer Republik), Russisch und Ungarisch (Provinzzeitungen der fünfziger/sechziger Jahre) – alles online.

13. Ihre Lieblingsbuchhandlung?
Georg-Büchner-Buchhandlung, Berlin, Prenzlauer Berg.


14. Ihr Lieblingsmuseum?
Zuletzt Steuermuseum, Jerusalem.


15. Welchen Satz haben Sie sich zuletzt aus einem Buch notiert?
„Scheiße, sagte Baloun, damit auch an der Konversation teilnimmt.“ (Jaroslaw Hasek: Schwejk“).


16. Welches Buch würde niemand in Ihrer Bibliothek erwarten?

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17. Ein Buch, das Ihr Leben verändert hat?
Thornton Wilder: Die Brücke von San Louis Rey (gelesen mit 16 Jahren), zum ersten Mal begriffen, was Schicksal sei.